Praxishandbuch
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Statistisches über Väter
Zusammenfassung von Studienergebnissen aus: Rainer Volz / Paul M. Zulehner,
Männer in Bewegung. Zehn Jahre Männerentwicklung in Deutschland.
Herausgegeben im Auftrag der Gemeinschaft der Katholischen Männer
Deutschlands und der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland,
gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
FAMILIE
Die Familie/familiale Lebensräume genießen hohe Wertschätzung: für 87% ist im
Modus des Wünschens für Männer die Ehe bzw. eine verlässliche Partnerschaft die
ideale Lebensform (bei den Frauen sind es sogar 91%).
Immer mehr Liebende leben ohne eine Institutionalisierung ihrer Liebe. Eine solche
wird am ehesten wegen der Kinder in Betracht gezogen: geheiratet wird zumeist
nicht, wenn Hochzeit, sondern wenn "höchste Zeit" ist. Eheschließung ist ein
gesellschaftlich relevanter Familiengründungsvorgang - während die
partnerschaftliche Liebe weithin privatisiert ist. Umso mehr erstaunt der
Heiratswunsch von gleichgeschlechtlich Liebenden. Hier geht es aber weniger um
die Liebe und deren Festigung, sondern um den Abbau von vermuteter
gesellschaftlicher Diskriminierung durch die (gesellschaftliche) Institution Ehe. Es
könnte aber sein, dass dadurch eher die Diskriminierung verfestigt wird.
Obwohl die familialen Lebenswelten als Ort von Stabilität und Liebe geschätzt und
gesucht werden, gibt es zunehmend destabilisierende Kräfte.
Die Daten lassen eine Überromantisierung der Liebe erkennen (besonders bei den
Modernen Männern) - wenig zählen Durchhaltfähigkeiten, also genau jene
Eigenschaften, die für den "Raum, geprägt von Stabilität und Liebe" für
Erwachsene, Kinder und Alte erforderlich wären. Diese Hintanstellung der
stabilitätsförderlichen Eigenschaften überrascht insofern, weil ja grundsätzlich der
familiale Lebensraum von Liebe und Stabilität geprägt sein soll. Die
Wunscheigenschaften für eine Partnerschaft gehen jedoch allein in Richtung Liebe,
nicht aber Stabilität.
Männer sind heute mehr Kavaliere als vor zehn Jahren: Frauen auf Händen zu
tragen, zählt 2008 deutlich mehr als 1998. Für fast alle gibt es die Traumfrau ("keine
Traumfrau": 2008 8%, 1998: noch 39%).
Die Zuständigkeiten der Männer und Frauen in der Familie haben sich kaum
verändert. Moderne Frauen sehen bei sich mehr familiale Aufgaben: Sie wissen
sich nicht nur für das "Auskommen" (die Innenarchitektur der Beziehung) zuständig,
sondern zunehmend auch für das "Einkommen" (existenz- und zukunftsichernde
Aufgaben). Moderne Frauen weiten daher ihr Leben nicht nur über die Familie
hinaus in die Berufswelt aus, sondern reichern auch innerfamiliär ihr Portfolio mit
Aufgaben an. Beanspruchung von Entscheidungsmacht kann anstrengend sein.
Noch stärker verringert sich der Anteil jener Frauen von den teiltraditionellen zu den
modernen hin, welche den Partner für Geldangelegenheiten verantwortlich wissen
(von 55% auf 22%). Bei den Modernen geht der Trend ganz allgemein zur
getrennten Besorgung von Geldangelegenheiten ("jede/r für sich").
KINDER
Die Kinderwilligkeit ist bei modernen Frauen am vergleichsweise niedrigsten (84%
bei den teiltraditionellen und 70% bei den modernen Frauen). Jüngere Frauen
haben stärkeren Kinderwunsch als jüngere Männer. Der Wunsch nach weiteren
Kindern ist bei Männern etwas niedriger als bei Frauen. Der Wunsch nach weiteren
Kindern ist bei modernen Frauen und Männern am größten.
Die Bedeutung der Kinder nimmt mit deren Anzahl ab. Für Frauen haben Kinder
noch mehr Bedeutung als für Männer.
Nichts hat sich bei den Männern generell in ihrem Umgang mit Kindern geändert:
so der Vergleich das Daten zwischen 1998 und 2008. Eine winzige Ausnahme:
Männer kümmern sich ein wenig mehr um die Hausaufgaben der Kinder. Zudem
machen Frauen 2008 nach wie vor deutlich mehr mit Kindern als Männer. Einzige
Ausnahme: Sport betreiben.
Moderne Männer haben jedoch (mit der Ausnahme "mit Kindern beten") überall
überdurchschnittliche Werte. Dies ist auch bei jenen Tätigkeiten der Fall, die sonst
eher bei Frauen angesiedelt sind: kuscheln, trösten, ins Bett bringen. Moderne
Männer haben sich somit in ihrem Tätigkeitsprofil mit Kindern den modernen
Frauen angenähert. Moderne Männer leben somit jene Ansicht, die sie mehr als
andere Männer für richtig halten: "Väter können ebenso wie Mütter ihre Kinder
lieben und pflegen."
Es scheint in dieser Hinsicht also eine Zweiteilung der Männer zu geben: Männer,
die nur wenige Tätigkeiten mit Kindern machen, und andere, die in großer Breite mit
ihren Kindern tätig sind.
Doch zeigt sich, dass es selbst bei modernen Männern Schieflagen gibt. Im
konkreten Fall der Krankheit eines Kindes sind es die Frauen, die dann daheim
bleiben. Mach(t)en dies 72% der Frauen, sind es unter den Männern bescheidene
7%.
26% der befragten Männer hatten eine glückliche Kindheit. Bei den Frauen sind es
30%. Die stärkste Prägung durch den Vater (allein) haben teiltraditionelle Männer
(20%) erlebt. Die Häufigkeit der Kontakte der Befragten zu Vater und Mutter ist
groß.
Es scheint einen stillen Generationenvertrag zu geben, innerhalb dessen es zu
vielfältigem Austausch kommt, an gemeinsamen Aufgaben, Unternehmungen,
Gefühlen, Finanzen (es gibt beträchtliche Geldströme der Großeltern zu den
Enkelkindern), an Fürsorglichkeit (viele junge erwerbstätige Mütter, die ihre
Großeltern nicht in praktischer Ruf- und Reichweite haben, sind im Fall einer
Mutterschaft in einer prekären Lage).
Diese Zahlen zeugen insgesamt von einer engen Beziehung zu den Eltern, noch
mehr zu den Müttern. Vor allem moderne Männer hatten weniger (64%)
Körperkontakt mit ihrem Vater, weniger als die teiltraditionellen Männer (70%).
65% der Großväter sollen - in der Erinnerung ihrer (männlichen) Kinder, ihre Söhne
und Töchter gepflegt haben, wenn diese krank waren: "(Groß)Väterverklärung"?
In Summe haben Frauen (885 Prozentpunkte) ein deutlich höheres Wertepotential
für die Erziehung der Kinder als Männer (650 Punkte).
BERUFSTÄTIGKEIT VON FRAUEN
Die Berufstätigkeit gilt als der "beste Weg für eine Frau, um unabhängig zu sein".
Selbst bei den teiltraditionellen Männern hat sich die Akzeptanz der Berufstätigkeit
von Frauen von 49% auf 56% erhöht.
HAUSHALT
41% der Männer (48% der Frauen) haben sich für die Position entschieden:
"Grundsätzlich sollten die Frauen genauso berufstätig sein können wie Männer.
Männer und Frauen sollten sich deshalb die Arbeit im Haushalt und die Sorge um
die Kinder teilen oder sich dabei abwechseln".
Die Teiltraditionellen setzen auf die Frau im Haushalt, die Modernen auf die
gemeinsame Arbeitsaufteilung (das Sharing).
Wie 1998: Schon ein erster Überblick zeigt, dass es Tätigkeiten gibt, die vorrangig
von Frauen, andere, die primär von Männern erledigt werden.
Frauen sind in der Versorgung sowie im Sozialen engagiert, Männer im Technisch-
Praktischen; das Behördliche teilen sie sich. Frauen machen die Überlebensarbeit
(Versorgung, Soziales), Männer schaffen die Rahmenbedingungen.
Während moderne Männer in Summe mehr Haushaltstätigkeiten übernehmen als
teiltraditionelle, ist es bei den modernen Frauen umgekehrt: Im Vergleich zu den
teiltraditionellen Frauen haben sie sich etwas zurückgenommen.
Dieses strukturell sympathische Ergebnis erfährt freilich eine ernüchternde
Korrektur, wenn ganz allgemein die Frage gestellt wird, wie sich denn im Großen
und Ganzen die Haushaltsarbeit zwischen den Partnern verteilt. Dann verbuchen
Frauen weit mehr Haushaltsarbeit bei sich selbst. Das spiegelt sich auch in der
Selbsteinschätzung der Männer getreu wider. Zu berücksichtigen ist hier allerdings
der im Vergleich zu den Frauen wesentlich größere Anteil von Vollzeit berufstätigen
Männern.
Was einer oder eine selber macht, wird für wichtiger gehalten als das, was der/die
Andere macht…
60% der Männer machen diese Arbeiten aus eigenem Antrieb. Bei den Frauen sind
es nach eigenen Angaben mit 76% deutlich mehr. Moderne Männer (65%) handeln
mehr aus eigener Initiative als teiltraditionelle (57%).